In meinen Geburtsvorbereitungskursen rede ich recht viel über das späte Nabelschnurtrennen. In Krankenhäusern ist es relativ verschieden, wie das mit der Nabelschnur gehandhabt wird. Es gibt immer noch Krankenhäuser, die die Nabelschnur in der ersten Minute nach der Geburt abtrennen. Dabei ist nach der Geburt des Kindes etwa 30 – 50 % Prozent des kindlichen Blutes noch in der Plazenta und Nabelschnur. Wie lange es dauert, bis das meiste Blut beim Kind ist, ist unterschiedlich, und hängt auch davon ab, wie schnell das Baby gut selber atmet – die Plazenta versorgt das Baby also im Falle eines langsamen Anfanges, in dem Baby noch nicht sofort selber atmet, weiter. Das kann durchaus auch mal 30 Minuten dauern, oder auch länger. Ich habe schon von Nabelschnuren gehört, die erst nach 50 Minuten aufgehört haben zu pulsieren. Es kann aber auch nur 5 Minuten dauern.

Die Vorteile des späten Abklemmens

Der erste riesige Vorteil des späten Abklemmens wurde oben bereits erwähnt – das Baby erhält 30% – 50 % mehr Blut (siehe das Video unten, Penny Simpkin, die weltberühmte Autorin und Doula, sagt es seien eher 50% die dazu kommen – 300 ml in Baby bei Geburt, 150 ml noch in Plazenta und Nabelschnur). Das ist voll geformtes Blut, mit bis zu 60% mehr roter Blutkörperchen. Die roten Blutkörperchen ist das Teil des Blutes, das Sauerstoff transportiert. Also bekommen Babys, die ihr Blut haben dürfen, nach der Geburt mehr Sauerstoff, da sie mehr rote Blutkörperchen haben, die es transportieren können. Dieses glückliche Baby hat somit ein vermindertes Risiko einer Anämie.

Das MEHR an Blut bedeutet aber auch, dass Dein Baby nach der Geburt seine Temperatur besser halten kann. Auch nimmt Babys Blut nach der Geburt die Restflüssigkeit in Baby’s Lungen auf. Auch dies kann Baby besser tun, wenn er mehr Blut hat.

Natürliches Auspulsieren lassen der Nabelschnur, bis das Blut von Plazenta ins Baby übergegangen ist, bedeutet auch, dass Baby mehr Stammzellen bekommt. Stammzellen sind jene Zellen, die Dinge, die nach der Geburt nicht so sind, wie man sich das erhofft, einfach selber reparieren können.  Aber das ist noch nicht alles, was Dein Kind nicht erhält, wenn es sein Blut nicht bekommt.

In Studien wurde ebenfalls herausgefunden, dass Kinder, deren Nabelschnur natürlich auspulsieren durfte, auch monatelang nach der Geburt einen höheren Eisen- und Ferritinvorrat hatten, und zwar bis zu 6 Monate lang (was magischerweise die Zeit ist, wenn Babys normalerweise anfangen, selber essen zu wollen). Etwa 45 % mehr Eisenvorrat erhalten Babys mit dem Mehr an Blut. Eisen ist übrigens wichtig für die Gehirn- & neurologische Entwicklung. Die 45 % mehr entsprechen etwa dem Eisen in 100 Litern Brustmilch. Das ist also eine ganze Menge, das man so einfach auch nicht ersetzen kann.

Das sind aber noch lange nicht alle theoretischen Vorteile. Es ist in der Tat so, dass Baby nach der Geburt, wenn es anfängt, selber zu atmen, mehr Blutvolumen braucht, weil er jetzt 50% seines Blutes in die Lungen sendet, wenn er vor der Geburt nur 8% seines Blutes dorthin geschickt hat. Das ist so, weil nun die Lungen ihre Arbeit aufnehmen, um Baby mit Sauerstoff zu versorgen. Das heisst, um seinen Körper genauso gut mit Blut versorgen zu können, benötigt Baby mehr Blutvolumen – dieselbe Menge wie vor der Geburt reicht nach der Geburt nicht mehr genauso gut.

Langfristige Vorteile wurden ebenfalls nachgewiesen: Kinder, deren Nabelschnur für mindestens 3 Minuten lang nicht abgeklemmt wurden, zeigten mit 4 Jahren bessere Feinmotorik und soziale Fähigkeiten, vor allem bei Jungs (Andersson et al, 2015).

Ein weiterer Vorteil ist, dass Baby eine sanfte Eingewöhnungsphase in die Eigenverantwortung hat: während Baby sich an die neue Welt und an das selbständige Atmen gewöhnt, hat er noch weiterhin die Sicherheit des mit Sauerstoff angereichertem Blut, das zu ihm zurück kommt.

Und ein weiterer großer Vorteil ist natürlich, dass solange Dein Kind an der Nabelschnur ist, und die Plazenta noch in Mama, Dir keiner Dein Kind wegnehmen kann – was an sich wieder jede Mange Vorteile für Mama und Kind bietet.

Nabelschnur intakt halten kann Leben retten

In einer neuen Metaanalyse (Fogarty et al, 2018) hat sich gezeigt, dass bereits das Warten von 60 Sekunden eine dramatische Verbesserung der Überlebenschancen bei Babys, die vor der 30. SSW geboren werden, einherbringt. Wenn Babys diese Minute zugestanden wurde, reduzierte sich die Krankenhaussterberate der Babys um über 30% relativ, verglichen mit den Babys, deren Nabelschnur in den ersten 10 Sekunden nach der Geburt abgeklemmt wurde.

Für alle Babys ein Vorteil

Dieser Vorteil wird mittlerweile in unseren Kliniken größtenteils zugestanden. Babys wird “erlaubt”, ihr Eigenblut nach der Geburt zu erhalten, und Babys dürfen erst mal bei Mama bleiben.

In meiner Erfahrung ändert sich das leider zum alten, unlogischen Muster, sobald Baby geboren ist, und die medizinische Einschätzung ist, dass Baby Hilfe benötigt. In diesen Fällen wird immer noch sehr schnell zur Schere gegriffen, und Baby von seiner Mama abtransportiert.

Aber Fakt bleibt: 30 – 50% mehr Blut ist ein riesengroßer Überlebensvorteil. Es macht keinen Sinn, ihn jenen Babys, die Hilfe benötigen, zu verwehren. Wenn es bei zu früh geborenen Babys geht – warum kann man die Nabelschnur bei anderen “Notfällen” nicht auch intakt bleiben, und die “Rettungsstation” zum Kind bei der Mutter gebracht werden?
Auch wenn ihr bestimmt keinen Notfall erleben werdet: Denkt bitte darüber nach, ob dieser Punkt nicht wichtig genug ist, auch bei euerer Auswahl des Geburtsortes bereits eine Rolle zu spielen, und ihn mit dem Personal bereits im Vorgespräch zu besprechen. Selbst wenn ihr keinen Notfall erlebt, hilft dieses Bewusstsein bei einigen Eltern vielleicht, ein routinemässiges Umdenken in den Krankenhäusern zu bewirken – und dadurch allen Babys dazu zu verhelfen, diesen Vorteil ihres Eigenblutes zukommen zu lassen.

Hier noch ein Video von Penny Simkin, das zeigt, wieviel Blut des Babys erst nach der Geburt zum Baby fliesst, wenn die Nabelschnur in takt bleibt:

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https://www.youtube.com/watch?v=W3RywNup2CM

Quellen:

Andersson, Ola, et al. “Effect of delayed cord clamping on neurodevelopment at 4 years of age: a randomized clinical trial.” JAMA pediatrics 169.7 (2015): 631-638.

Fogarty, Michael, et al. “Delayed vs early umbilical cord clamping for preterm infants: a systematic review and meta-analysis.” American Journal of Obstetrics & Gynecology 218.1 (2018): 1-18.

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